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„Sozialstaat effizienter machen“: Steinmeier fordert Koalition zu Reformen auf
„Es ächzt im System“, sagt Bundespräsident Steinmeier. Er fordert Schwarz-Rot auf, den „Sozialstaat zukunftsfähig zu machen“. Die CDU begrüßt den Appell des Staatsoberhauptes.
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Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier fordert die Bundesregierung zu einer grundlegenden Reform des Sozialstaates auf. Es sei „zwingend, dass wir uns jetzt schnell und entschieden daran machen, den Sozialstaat effizienter und bürgerfreundlicher zu machen“, heißt es in Steinmeiers Rede vor 83. Deutschen Fürsorgetag am Dienstag in Erfurt, deren Manuskript dem Tagesspiegel exklusiv vorliegt.
Steinmeier mahnt unter anderem eine „Beseitigung von Fehlsteuerungen, eine bessere Treffgenauigkeit sozialer Transferleistungen“ und die „Bekämpfung von Missbrauch“ an. Ein „Austausch unter den Sozialbehörden“ und „die Digitalisierung der Verwaltungsvorgänge“ seien „überfällig“, heißt es in Steinmeiers Rede.
„Wir brauchen jetzt mutige Politik, die um ihre Verantwortung weiß“, verlangt das Staatsoberhaupt in seiner für Dienstagnachmittag angekündigten Rede. Um die Übernahme dieser Verantwortung hätten sich Parteien und die Personen in den Parteien beworben, dafür seien sie gewählt geworden.
Staatsoberhaupt appelliert an „liebe Koalition“
Steinmeier will sich in seiner Rede direkt an die Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD wenden: „Liebe Koalition: Jetzt geht es nicht um Parteitaktik oder Umfragen. Es geht um unser Land! Es geht um den schwierigen Ausgleich von Interessen und um kluge Entscheidungen in der Sache. Dieser Verantwortung müssen Sie gerecht werden!“
Liebe Koalition: Seien Sie beherzt und hartnäckig – Ihr Mut wird sich auszahlen, für uns alle!
Frank-Walter Steinmeier, Bundespräsident
Er sage das „mit so großer Eindringlichkeit, weil ich überzeugt bin, dass in dieser Herausforderung auch eine Chance liegt – für die Politik, ja für unsere Demokratie“, heißt es im Redemanuskript: „Durch Reformen des Sozialstaats können wir verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen. Weil wir Dinge verbessern, die viele Menschen tatsächlich aufregen, die ihnen Sorgen machen, die sie angehen. Wir können beweisen, dass unser Staat handlungsfähig ist.“
Auch deshalb gelte: „Sozialreformen sind Demokratiepolitik! Liebe Koalition: Seien Sie beherzt und hartnäckig. Ihr Mut wird sich auszahlen, für uns alle!“
Es gehe darum, argumentiert Steinmeier, „unseren Sozialstaat wieder einmal zukunftsfähig zu machen, und zu beweisen, dass Politik Probleme tatsächlich lösen kann“. Reformen seien notwendig. „Denn – Sie alle spüren es – es ächzt im System. Wir sind – wieder einmal – gefragt, den Sozialstaat zukunftsfähig zu machen“, heißt es in Steinmeiers Redemanuskript.
Wie Bundespräsident Steinmeier richtig sagt, braucht es jetzt den Mut, auch schwierige Entscheidungen zu treffen
Carsten Linnemann, CDU-Generalsekretär
Die CDU begrüßte die Forderung Steinmeiers nach Reformen. „Der Bundespräsident hat recht: Wir müssen den Sozialstaat zukunftsfähig machen, Fehlanreize beseitigen und Missbrauch bekämpfen“, sagte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann dem Tagesspiegel.
„Wie Bundespräsident Steinmeier richtig sagt, braucht es jetzt den Mut, auch schwierige Entscheidungen zu treffen“, sagte Linnemann weiter: „Die Bevölkerung sieht den Handlungsbedarf, das Zeitfenster für Reformen steht offen wie seit 20 Jahren nicht mehr. Wir müssen jetzt liefern.“ Die Union stehe dafür „bereit“.
Steinmeier gilt als der maßgebliche Architekt der „Agenda 2010“, dem 2003 von der rot-grünen Bundesregierung unter Kanzler Gerhard Schröder (SPD) Reformwerk. Steinmeier war damals Chef des Bundeskanzleramtes. Seit 2017 ist er Bundespräsident.
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